Arbeiterinnenleben im Ruhrgebiet in der Nachkriegszeit

Die Herrenwäschenäherinnen in Recklinghausen

In seiner Schrift „Die Deutsche Bildungskatastrophe“ stellte Georg Picht 19641 fest, dass die ‚Katholische Arbeitertochter vom Land‘ im Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland zu den besonders Benachteiligten zählte. An ihr ließe sich eine Mehrfachbenachteiligung festmachen. Die katholischen Arbeitertöchter im Ruhrgebiet hatte er nicht im Blick. Nicht nur er, sondern auch der größte Teil der späteren feministischen Bildungsforschung hat sich kaum mit ihnen befasst.

Seit Beginn der 1980er Jahre gab es eine Fülle von Veröffentlichungen zur Bildungsbe(nach)teiligung von Mädchen und Frauen ebenso wie zu deren Erwerbssituation. Bei dem Versuch, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, stößt frau auf zahlreiche Forschungsergebnisse zu Lehrerinnen, Frauen in sozialen Berufen, Ärztinnen, Krankenschwestern und Akademikerinnen fast aller Fachrichtungen. Auch die Karrieremöglichkeiten in anderen Berufen wurden thematisiert.

Gemeinsame Blickrichtung fast aller Untersuchungen und Veröffentlichungen ist der soziale Aufstieg durch Bildung. Der verborgene Subtext lautet zugespitzt: Alle Frauen – selbstverständlich auch die katholischen Arbeitertöchter – sollten nach Möglichkeit mit Bildung und einer entsprechenden Berufswahl versuchen, dem ihnen drohenden Schicksal einer abgehängten und abhängigen Existenz zu entgehen.

Über die tatsächliche Lebens- und Bildungsrealität der Arbeitertöchter in der Nachkriegszeit gab und gibt es kaum Untersuchungen.2 Das war aber das Thema, das uns – den Arbeitskreis Recklinghäuser Frauengeschichte – besonders interessierte. Unser Augenmerk richtete sich auf diejenigen Mädchen und Frauen, die in der Nachkriegszeit im Ruhrgebiet in der Bekleidungsindustrie Ausbildungen und Arbeitsplätze gefunden hatten. Auch in Recklinghausen gab es entsprechende Erwerbsmöglichkeiten. Als wir mit unseren Recherchen zu diesem Thema begannen, war uns nur bekannt, dass es kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in der Recklinghäuser Innenstadt mindestens eine Bekleidungsfabrik gegeben hatte, bei der vor allem Frauen beschäftigt waren. Nähere Informationen dazu gab es – auch im städtischen Archiv – so gut wie gar nicht.

Erst ab 2017 kamen wir über verschiedene Artikel in der Recklinghäuser Zeitung in Kontakt mit Zeitzeuginnen, die uns an ihren Erinnerungen teilhaben ließen und uns vor allen Dingen private Fotos, Zeugnisse und Dokumente zur Verfügung stellten. Wir führten zahlreiche interessante Gespräche mit lebensklugen und zupackenden Frauen, die – trotz widriger Bedingungen – ihr Berufsleben gemeistert, Kinder großgezogen und z. T. interessante Berufswege genommen hatten. Zehn der 15 von uns porträtierten Frauen3 möchte ich im Folgenden darstellen und ihre Gemeinsamkeiten herausarbeiten. Es handelt sich um: Margarete Kijak, geb. 1929, Ursula Westhues, geb. 1930, Edelgard Holtbrügge, geb. 1931, Christa Werdnik, geb. 1931, Maria Knicia, geb. 1934, Elisabeth Recktenwald, geb. 1935, Gisela Schiwkowski, geb. 1936, Maria Hettmer, geb. 1938, Christel Schlüter, geb. 1939 und Helga Töpfer, geb. 1942.

Familiärer und zeitgeschichtlicher Hintergrund
Die zehn hier vorgestellten Frauen gehören den Jahrgängen 1929 bis 1942 an. Alle sind Töchter aus Arbeiter- bzw. Handwerkerfamilien. Sieben von ihnen wurden in Recklinghausen bzw. Herten geboren, zwei in Pommern, eine in Polen. Die Hälfte der Zeitzeuginnen hatte als Kind bzw. Jugendliche Fluchterfahrungen, aufgrund von Evakuierungen im Zweiten Weltkrieg auch zwei der gebürtigen Recklinghäuserinnen.

Wie nachhaltig diese Ereignisse die Frauen geprägt haben, wurde in den Gesprächen mit ihnen deutlich. Ursula Westhues beispielsweise konnte noch sehr ausführlich ihre Erfahrungen bei der schwierigen und z. T. gefährlichen Rückreise von der Kinderlandverschickung in Bayern nach Recklinghausen schildern. Christel Schlüter flüchtete mit Mutter und Bruder von Danzig nach Dänemark. Dort wurde sie eingeschult. Auch bei ihr waren diese Erfahrungen noch sehr präsent. Erst ab 1947 lebte die Familie wieder zusammen mit dem Vater in Recklinghausen.

Die Schwierigkeiten der Nachkriegsjahre spiegeln sich insbesondere in den Berichten der ältesten Zeitzeuginnen wider. Margarete Kijak berichtet davon, dass die Familie dringend auf ihr Erwerbseinkommen angewiesen war. In der Erzählung von Christa Werdnik werden die Existenzsorgen daran deutlich, dass die Angst bestand, dass Flüchtlingskinder keine Lehrstelle bekommen würden. Dank der Tatsache, dass ihr Vater in einem Kaufhaus (Banniza) in der Innenstadt arbeitete, in dessen Räumen in der ersten Etage eine Bekleidungsfabrik (Textilfabrikation GmbH, später Turf) ihre Arbeit aufgenommen hatte, konnte sie dort 1947 eine Lehre als Herrenwäschenäherin beginnen.

Bildungswege und Berufswahl
Wie in der damaligen Zeit üblich haben alle Frauen die achtklassige Volkschule besucht. Das bedeutet, dass i. d. R. die Grundbildung mit 14 bzw. 15 Jahren abgeschlossen war. In allen Gesprächen – auch mit den hier nicht porträtierten Zeitzeuginnen – wurde deutlich, dass die Suche nach einer Lehrstelle für die Mädchen wie für ihre Familien eine Selbstverständlichkeit war. Bis auf eine Frau haben alle eine Ausbildung absolviert, allerdings nicht immer in dem von ihnen gewünschten Beruf. Frau Kijak machte eine kaufmännische Ausbildung. Nachdem sie diese Stelle verloren hatte, bewarb sie sich bei der Firma Povel und arbeitete dort als Plätterin und Hemdenlegerin.

Frau Westhues hatte gerne Lehrerin werden wollen, aber in den Wirren der Nachkriegszeit gab es keine Möglichkeit zu einem weiteren Schulbesuch oder einer entsprechenden Ausbildung. Da sie über die notwendigen Fertigkeiten verfügte, konnte sie in einem Handarbeitsgeschäft und bei einer Herrenausstattungsfirma arbeiten. Durch eine Anzeige wurde sie darauf aufmerksam, dass die Fa. Povel Näherinnen suchte. Im Januar 1949 begann ihre Beschäftigung in der Waldstraße. Sie hat keine Lehre gemacht, sondern wurde angelernt und hat dann Schürzen und Hemden genäht.

Vier der Frauen gaben an, dass sie gerne Schneiderin geworden wären. Edelgard Holtbrügge wollte Putzmacherin werden. Helga Töpfer wäre gerne Verkäuferin geworden, was sie nach der Familienphase (ab 1980) auch umsetzen konnte. Nur eine von ihnen, Maria Hettmer, absolvierte eine Schneiderinnenlehre. Bei ihr waren die familiären Beziehungen dafür sicher auschlaggebend. Ihre Tante, Frau Dodt, betrieb eine Schneiderei, in der sie schon als 12-jährige mitgeholfen hatte. Die wenigen kleinen Schneidereien in der Stadt konnten gar nicht so viele Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, wie sie von den jungen Frauen nachgefragt wurden.

Das Ausbildungsplatzangebot für Mädchen mit Volksschulabschluss war in dieser Montanregion in der Nachkriegszeit insgesamt nicht sehr umfangreich. Da waren die Ausbildungsplätze für eine Anlernausbildung in den vor allem seit 1947 in Recklinghausen ansässigen Bekleidungsfabriken eine gute Möglichkeit. Sieben der zehn Zeitzeuginnen haben die eineinhalbjährige Ausbildung absolviert. Wichtig war, dass mit der Ausbildung im Anschluss an den Schulabschluss begonnen werden konnte.

Die Entscheidungen für einen bestimmten Ausbildungsberuf wurden in den Familien recht unspektakulär getroffen. Anzeigen oder Informationsveranstaltungen der Fabriken bildeten die Ausnahme. Bereits bestehende Arbeitsverhältnisse von Angehörigen ebenso wie Hinweise von Familienmitgliedern, Nachbarinnen und Nachbarn waren die Entscheidungsgrundlage. Hinzu kam die – im Verhältnis zu anderen Berufen für Mädchen und junge Frauen – relativ gute Bezahlung in den Bekleidungsfabriken.

Anlernausbildung
In Recklinghausen gab es ab Ende der 1940er Jahre vier mittelständische Betriebe mit 300 bis 500 Beschäftigten. Die Firmen: Wilhelm Laarmann Bekleidungswerk GmbH, Textilfabrikation GmbH (später Turf), Münsterländische Textilgesellschaft mbH (später Condor) und Paul Povel KG bildeten Herrenwäschenäherinnen aus. Die Lehrlinge arbeiteten dort unter Anleitung einer für die Ausbildung zuständigen Direktrice. Die Ausbildung zur Herrenwäschenäherin war eine duale Ausbildung, d. h. die Mädchen waren fünf Tage die Woche im Betrieb und gingen samstags in die Berufsschule. In manchen Fabriken gab es eine gesonderte Anlernwerkstatt, die von einer Direktrice geleitet wurde, in anderen sogenannte „Storchenbänder“, an denen die Lehrlinge und Schwangeren arbeiteten.

1954 schildert Magdalene Küper, Ausbildungsdirektrice bei der Fa. Povel in der Betriebszeitung die ersten Wochen der Ausbildung: „Zuerst mußten die Mädchen mit den elektrischen Maschinen vertraut gemacht werden. Manch schwerer Seufzer wurde dabei zum Himmel geschickt, und jede glaubte, das Maschinennähen nie zu lernen. Immer wieder mußte ich helfend einspringen und Mut machen. Nachdem wir die ersten Nähversuche hinter uns hatten und jede mit der Maschine umzugehen wußte, übten wir fleißig Nähte, Säume, Falten, Biesen usw. In der zweiten Woche gingen wir schon ein Schrittchen weiter. Da wurden Flicken eingesetzt, Knopflöcher ausgesteppt, Paspeln geübt, Kanten mit Schrägstreifen eingefaßt und Schlitzbesätze gesteppt. Und dann wurde die Arbeit schon interessanter (…). Zum Abschluß der ersten vier Wochen gab ich den Mädchen eine kleine Prüfungsarbeit. An einem Mustertuch sollten sie mir nun ohne Hilfe zeigen, was sie bisher gelernt hatten.“ (Küper 1954).4

Bei Christel Schlüter werden 1955 in ihrem Berichtsheft auch andere Seiten der Ausbildung bei der Fa. Turf erwähnt: „Meine tägliche Arbeit ist, morgens Staubputzen und wenn ich dieses verrichtet habe, darf ich nähen. Zuerst mußte ich gerade Nähte nähen üben, dann durfte ich Unterkragen nähen und Stäbchentaschen annähen. Dann durfte ich Kragen vornähen und sie an der Presse umdrehen und pressen. Am anderen Tag durfte ich die Kragen übersteppen und einnähen und Manschetten vornähen und übersteppen. Dieses aber war nur alles Übungsarbeit. Jetzt näh ich schon Kragen und Manschetten, die gebraucht werden. Das macht mir auch viel mehr Mut und ich streng mich auch viel mehr an, als bei den Übungsarbeiten, weil diese Sachen ja gebraucht werden müssen. Ich hoffe auch, daß ich nach meiner 1 1/2jährigen Lehrzeit erfolgreich weiterkomme.“5
Nachdem die Lehrlinge die Probezeit bestanden hatten, begann das Hemdennähen. Und mit zunehmender Sicherheit war „vorgesehen, dass die Mädchen zwischendurch auch im Nähsaal in der Produktion eingesetzt werden, damit sie die Bandarbeit gründlich kennenlernen“ (Küper 1954).

Ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung im Betrieb war das Führen eines Berichtsheftes, das alle sechs bis acht Wochen von den Chefs oder der Direktrice abgezeichnet werden musste und auch in der Berufsschule vorgelegt werden sollte. Nicht alle Auszubildenden haben diese immer so umfassend ausgefüllt, wie es zu unserem Glück Gisela Schiwkowski (geb. 1936) und Christel Schlüter (geb. 1939) gemacht haben, deren Berichtshefte uns vorliegen. Manchmal finden sich Stichworte zu den Tätigkeiten der Woche, manchmal wurden die Arbeiten ausführlich beschrieben sowie Zeichnungen und Stoffproben eingefügt. Im Heft von Gisela Schiwkowski fand sich auch eine genaue Schilderung des Betriebsausflugs im Jahr 1953.

Der Berufsschulunterricht für die Herrenwäschenäherinnen fand samstags in der Berufsschule in die Kemnastraße statt. Leider liegen uns nur wenige Daten dazu vor. 1952 z. B. besuchten 354 Mädchen die Klassen im Bereich Textilherstellung und -verarbeitung. Das lässt vermuten, dass es außer den vier mittelständischen Herrenwäschefabriken noch andere Ausbildungsbetriebe gab, zu denen uns allerdings leider keine Daten bekannt sind.

Einige der Zeitzeuginnen haben sehr anschaulich über die Aufgaben bei der praktischen Lehrabschlussprüfung erzählt. Konkretisiert werden diese im Berichtsheft von Gisela Schiwkowski mit den „46 Schritten bei der Herstellung eines Herrenoberhemds“. Diese Arbeitsschritte mussten die angehenden Herrenwäschenäherinnen in eineinhalb Stunden erfolgreich abarbeiten, um die praktische Prüfung zu bestehen.

Mit diesem Prüfungsteil der Anlernausbildung und der ebenfalls erfolgten theoretischen Prüfung durch die Industrie- und Handelskammer6 war die Schulpflicht der jungen Frauen noch nicht beendet. Diese ging bis zum 18. Lebensjahr. Sie arbeiteten fünf Tage die Woche in der Fabrik und gingen am Samstag weiter zur Berufsschule. Wie man aus zwei uns vorliegenden Abschlusszeugnissen der Berufsschule ableiten kann, wurden sie in den nun folgenden Schuljahren vor allem auf ihre künftige Rolle als Hausfrau und Mutter vorbereitet. Sie lernten u. a.: Gesundheitspflege, Säuglingspflege, Ernährungslehre und Nahrungszubereitung. Die berufsfachlichen Fächer entfielen.

Die Berichtshefte der Frauen und vor allem ihre Lehrverträge und IHK-Zeugnisse brachten zutage, dass es sich bei der eineinhalbjährigen Anlernausbildung um eine von der Industrie- und Handelskammer anerkannte und mit einem Zertifikat abgeschlossene Ausbildung handelte. Bisher war in der entsprechenden Fachliteratur davon kaum etwas zu erfahren. Erst mit der Berufsbildungsreform am Ende der 1960er Jahre wurde die Unterscheidung in Lehrausbildung (i. d. R. dreijährig) und Anlernausbildung (i. d. R. eineinhalbjährig) durch ein Stufensystem ersetzt. Der Begriff des „Angelerntseins“ muss daraufhin eine neue Bewertung erfahren. Den jungen Frauen wurden nicht nur wenige Tage bzw. Wochen die notwendigen Handgriffe gezeigt, sondern die Anlernausbildung war durchaus eine anspruchsvolle und in Praxis und Theorie die Auszubildenden herausfordernde Ausbildung. Sie waren nicht „nur“ angelernt, wie es vielfach genannt wurde.

Erwachsenwerden in der Fabrik
Die von uns befragten Frauen waren beim Beginn ihres Erwerbslebens noch sehr jung, da die Volksschule damals nur acht Schuljahre umfasste. Sie waren zwischen 15 und 17 Jahre alt, Helga Töpfer sogar 14 Jahre. Das bedeutet, dass sie die ersten Schritte ins Erwachsenenleben in der Bekleidungsfabrik verbrachten.

Für diese Jugendlichen war die Firma nicht nur Lern- und Arbeitsort, sondern sie bot ihnen auch das Erlebnis der Zusammenarbeit in einer Gruppe Gleichaltriger. In ihren Erzählungen betonten sie dessen Bedeutung dadurch, dass sie den Zusammenhalt unter den Kolleginnen hervorhoben, z. B. die gegenseitige Unterstützung bei Reklamationen. Manche trafen sich schon auf dem gemeinsamen Weg zur Arbeit, sei es zu Fuß, mit dem Fahrrad oder der Straßenbahn. Fast alle hatten eine Kindheit erlebt, die vom Krieg und dessen Auswirkungen geprägt war. Durch die Arbeit und das Zusammensein mit Gleichaltrigen ergaben sich neue Perspektiven und vor allem gemeinsame Unternehmungen.

Die meisten der Zeitzeuginnen erinnerten sich gerne an diese Zeit und berichteten von langjährigen Freundschaften unter den Lehrlingen. So sagte z. B. Maria Knizia: „Ich hatte eine wunderschöne Lehrzeit. Wir Lehrlinge haben auch nach der Lehrzeit noch viel zusammen gemacht.“ Fast alle erzählten sehr positiv über die jährlichen Betriebsausflüge und Betriebs- wie Weihnachtsfeste, z. B. Gisela Schwikowski über den Betriebsausflug: „Gegen 9:00 Uhr nachts waren wir wieder in Recklinghausen. Ein wunderschöner Tag lag hinter uns, an den wir immer wieder gerne zurückdenken.“7 Viele der Frauen haben über die Jahrzehnte Fotos von Lehrlingsgruppen, Festen und Ausflügen aufbewahrt, die deren persönliche Bedeutung unterstreichen.

Arbeit in der Herrenwäschefabrik
Ebenso wie es selbstverständlich war, dass die jungen Mädchen eine Ausbildung machten, war es selbstverständlich für die meisten Mädchen wie für die Betriebe, dass die Ausgebildeten übernommen wurden. Hermann Hamm, Inhaber der Fa. Turf betonte z. B. 1972 im Prospekt zum 25-jährigen Firmen-Jubiläum, dass an seinen Bändern ausschließlich gelernte Fachkräfte arbeiteten.

Der größte Teil der Frauen arbeitete als Näherin im Akkord am Band. Dort war die Bezahlung für alle gleich und richtete sich nach dem Akkordergebnis. Pro Stunde gab es eine fünfminütige Pause des Bandes, die als Pinkel- und Rauchpause vorgesehen war, von den Frauen aber vor allen Dingen dazu genutzt wurde, um kleine Reklamationen zu erledigen oder Verzug aufzuholen. Disziplin und Pünktlichkeit war bei diesen Pausen notwendig, denn das Band wurde erst wieder gestartet, wenn alle Frauen an ihrem Platz waren. Am besten bezahlt wurden die Kragennäherinnen, die vor dem Band arbeiteten. Etwas weniger verdienten die Armabwärtsnäherinnen. Am wenigsten erhielten die Abfädlerinnen, die heraushängende Fäden abschneiden mussten. So berichteten die Zeitzeuginnen.

Bevor die Näherinnen am Band beginnen konnten, fand die Arbeit der Zuschneiderinnen statt. Bei der Fa. Povel z. B. waren das oftmals Näherinnen mit einer Zusatzausbildung, aber auch gelernte Schneiderinnen, wie Maria Hettmer, die über die entsprechende Ausbildung verfügte. Wenn die Schnittmuster für alle Einzelteile auf dem Stoff lagen, musste mit dem Bandmesser der Stoff geschnitten werden. Diese Arbeit erforderte einiges an Präzision und war nicht ungefährlich. Die zusätzliche Qualifizierung erwarben sich die Frauen im zweimonatigen Abendkurs der Privatschule Müller und Söhne, den diese dreimal in der Woche abends in Recklinghausen anbot. Die Anforderungen dieser Tätigkeit korrespondierten mit der persönlichen Herausforderung der Zuschneiderinnen. So sagte Maria Hettmer dazu: „Es war mein Ehrgeiz, die Schnittmuster so hinzubekommen, dass möglichst wenig Verschnitt entstehen konnte.“8

Nach der Währungsreform und vor allen Dingen am Beginn der 1950er Jahre gab es in der Bundesrepublik einen Konsum-Nachholbedarf. Entsprechend steigerte sich die industrielle Bekleidungsproduktion, in Recklinghausen erkennbar am Ausstoß an Herrenoberhemden. Bei der Fa. Povel wurden Anfang der 1950er Jahre täglich bis zu 1.200 Hemden angefertigt. Die anderen drei Firmen standen dem in nichts nach. Ein Symbol für diesen Produktionserfolg ist das sogenannte ‚Jubiläumshemd‘. Nach unseren Recherchen wurde es 1952 aus Anlass der Herstellung des Millionsten Herrenoberhemdes der Fa. Paul Povel KG in Recklinghausen hergestellt.

Dieser Umsatzerfolg bedeutete, dass es reichlich Arbeit für die Beschäftigten gab. Da blieben extra entlohnte Überstunden nicht aus. Deren Bezahlung und die Akkordlöhne waren für die jungen Frauen, die sich gerade in der Phase der Familiengründung befanden, ein willkommenes Zusatzeinkommen. So konnte es geschehen, dass Ursula Westhues als Fabrikarbeiterin mehr verdiente als ihr künftiger Ehemann als Angestellter. Zusätzlich zur recht guten Bezahlung gab es für die Frauen noch die Möglichkeiten, günstig Stoffe zu erwerben. Da viele von den beschäftigten Frauen zu Hause für ihre Familien Kleidungsstücke nähten, wurde es ihnen nach Absprache erlaubt, Reststücke Stoff zu kaufen. Das war eine Gelegenheit, die die meisten von ihnen – wie sie erzählten – gerne wahrnahmen.

Wie auch schon beim Sprechen über ihre Erfahrungen in ihrer Lehrzeit waren die Berichte der Frauen über den Berufsalltag sehr positiv. Frau Kijac z. B. schrieb in ihren Erinnerungen9: „Es war eine harte Arbeit, ich war abends immer ziemlich geschafft (…). Die Arbeitszeit war von morgens 8:00 Uhr bis nachmittags um 17:00 Uhr. Wir hatten eine Stunde Mittagspause. Wer sich sein Mittagessen warm mitgebracht hatte, konnte es sich in den Behältern in einem Bottich mit heißem Wasser warm halten. Wenn wir morgens ankamen, mussten wir zuerst unsere Karte, die sich in einer großen Steckwand neben der Stempeluhr befand, abstempeln. Das gleiche geschah nach Feierabend. Alle die weiter weg wohnten, sind mit dem Fahrrad zur Arbeit gekommen, so auch ich. Jeden Tag ergab dies pro Weg, ob es regnete oder schneite, eine gute halbe Stunde Strampelei.“10

Auch Ursula Westhues erinnert sich sehr positiv an die Zeit: Dort „… zu arbeiten, war ein Geschenk. Das Allerschönste war das Verhältnis mit den Kolleginnen. Es war so ein herzliches Miteinander.“11

In den Firmen wurde – nach unserem Eindruck aufgrund der Gespräche und auch vorliegenden schriftlichen Unterlagen – viel Wert auf die Pflege des Betriebsklimas gelegt. Bei der Paul Povel KG gab es in den 1950er Jahren mehrere Ausgaben einer Betriebszeitung12, in der nicht nur über betriebliche Abläufe und Betriebsfeiern, sondern auch über Heiraten und Geburten ihrer MitabeiterInnen berichtet wurde. 1949 beteiligte sich die Fa. Povel an den öffentlichen Feiern zur Geburt der 100.000sten Einwohnerin Recklinghausens, der ‚Großstadt-Ilse‘, deren Vater einer ihrer Beschäftigten war.

Die Angaben über die Arbeitszeiten und deren Lage waren in den Gesprächen unterschiedlich. Der Zeitumfang betrug laut Tarifvertrag bis 1965 42 Stunden. Präzise Angaben zur Lage der Arbeitszeit liegen uns nur von der Fa. Turf vor. Dort wurde von 7:00 bis 15:45 Uhr gearbeitet, an zwei Tagen in der Woche bis 16:45 Uhr, mit 15 Minuten Frühstückspause und einer halben Stunde Mittagspause. Wie schon im obigen Zitat von Frau Kijac dargestellt, brachten sich auch in den späteren Jahren die meisten Frauen ihr Essen im Henkelmann mit. Bei Turf wurde 1964 eine Werksküche für die Frühstücks- und die Mittagspause der Beschäftigten eröffnet.

Auf einen wichtigen Gesichtspunkt müssen wir noch zu sprechen kommen, der auch in den nächsten Lebensgeschichten noch eine Rolle spielen wird: Die meisten in der Bekleidungsindustrie als Näherinnen oder Plätterinnen in der Produktion arbeitenden Frauen waren Arbeiterinnen. Im 21. Jahrhundert ist uns selten noch bewusst, wie wichtig damals die Unterschiede zwischen Arbeiterinnen und Angestellten in den Betrieben, aber auch in der sozialen Umgebung waren. Die Statusunterschiede spiegelten sich im betrieblichen Alltag, unterschiedlichen Kleidungsvorschriften, aber auch der sozialen Absicherung wider. Arbeiterinnen und Angestellte waren in verschiedenen Krankenkassen und Rentenversicherungen, hatten damit z. T. unterschiedliche Leistungsansprüche und vor allen Dingen unterschiedliche Kündigungsfristen. Welche Konsequenzen das hatte, werden wir an zwei nachfolgend geschilderten Beispielen sehen.

Heirat und Mutterschaft
Bis auf eine der von uns befragten Frauen, haben alle Anfang bis Mitte ihrer 20er Jahre geheiratet. Allerdings wissen wir nur von einer von ihnen (Edelgard Holtbrügge), dass sie auf den Wunsch ihres Ehemannes ihr Erwerbsleben beendete. Eher wurde die Berufstätigkeit nach der Geburt des ersten Kindes beendet. Manche Frau schilderte: „Als mein Kind geboren wurde, sagte mein Mann, jetzt brauchst Du nicht mehr zu arbeiten.“ Aufgrund der damals nur unzureichend verfügbaren Betreuungsmöglichkeiten für Kleinkinder blieb vielen der Frauen gar nichts anderes übrig. Nicht nur der Wunsch des Ehemannes und die nicht verfügbare Kinderbetreuung, auch das geltende Familienrecht (Bürgerliches Gesetzbuch § 135613) sah die Rolle der Ehefrau darin, „das gemeinsame Hauswesen zu leiten„. Allerdings spielte die Unterstützung durch die Großmütter in vielen Familien eine nicht unwesentliche Rolle, da die junge Familie auf das Einkommen durch die Arbeit in der Fabrik angewiesen war. Zumal aufgrund von Akkordarbeit dort mehr verdient werden konnte als z. B. im Einzelhandel.

Das bedeutet allerdings nicht, dass die Frauen sich für ihr ganzes weiteres Leben auf ihre Funktion als Ehefrau und Mutter beschränkten. Bis auf wenige von ihnen berichteten die Frauen von weiteren Berufsverläufen, die in anderen Bereichen stattfanden. Helga Töpfer hat nach ihrer Familienphase endlich ihren Traumberuf als Verkäuferin ausgeübt. Maria Hettmer hat als technische Zeichnerin gearbeitet. Christa Werdnik war als Haushaltshilfe tätig. Gisela Schiwkowski arbeitete als Verkäuferin im elterlichen Geschäft, das sie später übernommen hat. Die meisten von ihnen haben nach ihrem Ausscheiden aus der Fabrik ihre nähtechnischen Fertigkeiten dafür genutzt, für sich und andere Wäsche und Kleidung herzustellen und zu reparieren.

Auch die nicht stattgefundene Karriere von Maria Knizia will ich hier nicht vergessen. Die Münsterländische Textilgesellschaft mbH, bei der sie gelernt hat, produzierte Anfang der 1950er Jahre nicht nur Herrenoberhemden, sondern auch Damenblusen. Der damalige Chef entdeckte, dass die Auszubildende Maria sich gut als Mannequin (heute als Model bezeichnet) für die Blusen eignete und setzte sie dafür auf Messen und bei Präsentationen in der Firma ein. Er wollte sie gerne in dieser Funktion behalten und bot ihr eine einjährige Ausbildung zum Mannequin an, für die sie nach Düsseldorf hätte gehen müssen. Maria Knizia schlug, da sie bereits verlobt war, dieses Angebot aus. Wie sie uns aber erzählte, hat sie auch nach dem Verlassen der Firma noch manchmal in dieser Funktion gearbeitet.

Interessant ist in diesem Zusammenhang der Generationenunterschied. Die fünf in der Nachkriegszeit geborenen, von uns befragten Frauen sind mit einer viel größeren Selbstverständlichkeit nach dem Größerwerden ihrer Kinder über Jahrzehnte berufstätig gewesen, allerdings nicht in der Bekleidungsindustrie.

Weitere Berufsverläufe
Die Verweildauer der von uns befragten Frauen in der Bekleidungsindustrie erstreckte sich von zwei bis zu 39 Jahren. Nur zwei unserer Zeitzeuginnen haben fast ihr ganzes Erwerbsleben in den Bekleidungsfabriken verbracht. Elisabeth Recktenwald blieb ledig und arbeitete vom Beginn ihrer Ausbildung (1952) bis zur Schließung des Betriebes insgesamt 25 Jahre bei der Münsterländischen Textilgesellschaft mbH (ab 1967 Condor Herrenwäschefabrik GmbH) und anschließend noch zehn weitere Jahre in anderen Bekleidungsfabriken. An ihrem Erwerbsverlauf kann illustriert werden, welche Entwicklungsmöglichkeiten sich den Herrenwäschenäherinnen boten.

Nach der Lehre arbeitete sie zunächst als Näherin. Ihr innerbetrieblicher Aufstieg begann damit, dass sie nach sechs Jahren als Musternäherin eingesetzt wurde. In dieser Funktion verblieb sie fünf Jahre, um danach als Ausbilderin für die circa zehn Lehrlinge im zweiten Lehrjahr zuständig zu sein.

Dieser Wechsel ihrer Funktion hatte auch einen Wechsel ihres Status von der Arbeiterin zur Angestellten zur Folge. Deutlich sichtbares Zeichen war der weiße Kittel der Angestellten anstelle des bunten Kittels der Arbeiterinnen. Als Angestellte erhielt sie nicht nur eine bessere Bezahlung, sie wurde auch Mitglied einer anderen Krankenkasse und der Rentenversicherung der Angestellten. Der verbesserte Kündigungsschutz der Angestellten zeigte seine Wirkung als die Firma Condor Anfang der 1970er Jahre in finanzielle Schwierigkeiten geriet und Personal abgebaut wurde. Ein Effekt ihres Status als Angestellte war, dass Frau Recktenwald wegen langjähriger Betriebszugehörigkeit nicht so schnell gekündigt werden konnte. Daher wurde sie ins Gewebelager versetzt. 1977 durch den Konkurs der Fa. Condor GmbH endete nach 25 Jahren ihre Tätigkeit in der Bekleidungsindustrie in Recklinghausen. In Recklinghausen gab es keine neue Beschäftigung für sie. In Dortmund arbeitete sie vier Jahre als Nähsaalleiterin bei einer Firma für Arbeitsbekleidung, bis auch diese Konkurs machte. Eine weitere sechsjährige Tätigkeit als Nähsaalleiterin bei einer Hemdenfabrik in Essen endete ebenfalls mit deren Konkurs. Ende der 1980er Jahre gab es für sie keine entsprechende Vollzeitstelle in der Region. Für eine alleinstehende Frau reichte jedoch der Verdienst der ihr angebotenen Teilzeitstellen nicht aus. Die strukturellen Veränderungen der Recklinghäuser Bekleidungsindustrie hinterließen in der Biografie von Elisabeth Recktenwald ihre Spuren.

Von all unseren Zeitzeuginnen hat Christel Schlüter am längsten in der Bekleidungsindustrie gearbeitet, die meiste Zeit (1955–1994 mit einer kurzen Unterbrechung) in der gleichen Firma, der Turf-Herrenwäschefabrik GmbH. Am 1. April 1955 begann sie dort ihre Lehre als Herrenwäschenäherin. Sie hatte Schneiderin werden wollen, aber für diesen Beruf fand sie keine Lehrstelle. Nachbarschaftliche Beziehungen ermöglichten ein Bewerbungsgespräch. Zum Gespräch nahm sie einige ihrer Handarbeiten mit. Diese überzeugten sowohl den Chef als auch die Direktrice.

Nach Beendigung der Lehre arbeitete Frau Schlüter als Springerin. Sie war schon früh sehr ehrgeizig und wollte ihre beruflichen Möglichkeiten ausprobieren. Daher kündigte sie 1960 bei Turf. Im Zeugnis der Firma wird die Wertschätzung für ihre Arbeit deutlich: „(Sie) gehörte zu den besten Näherinnen unseres Betriebes. Aus diesem Grunde wurde sie als Springerin für alle Arbeitsgänge am Herrenhemd eingesetzt.14

Zusammen mit einer Freundin wechselte sie zur Firma Bauer und nach kurzer Zeit zur Firma Laarmann. Dort lief es aber nicht zu ihrer Zufriedenheit. Arbeitsbedingungen und Arbeitsabläufe entsprachen nicht ihren Vorstellungen. So kam es ihr 1961 sehr gelegen, dass sowohl der Firmeninhaber der Firma Turf als auch der Betriebsleiter und die Direktrice sich darum bemühten, ihre ehemalige Mitarbeiterin wieder für den Betrieb zurück zu gewinnen. Schon sehr früh begann ihr innerbetrieblicher Aufstieg. Als 22-jährige wurde sie erst Vorarbeiterin, dann Bandleiterin und Ausbilderin. Diese Funktionen übte sie fast 30 Jahre aus.

Nach der Heirat 1965 erfüllte sich ihr Kinderwunsch leider nicht. Wie schon Anfang der 1960er Jahre suchte sie nach einer Verbesserung ihrer beruflichen und vor allem auch finanziellen Möglichkeiten. Trotz ihres Aufstiegs hatte sie immer noch den Status einer Arbeiterin. Eine Bekleidungsfirma aus Herne wollte sie abwerben und bot ihr das Angestelltenverhältnis an. Das blieb der Direktrice der Fa. Turf nicht verborgen. Sie sorgte dafür, dass Frau Schlüter ins Angestelltenverhältnis eingruppiert wurde. Damit verbunden war eine erhebliche Verbesserung ihres Verdienstes auf circa 1.000 DM.

Die Fa. Turf wurde in den 1980er und später vor allem in den 1990er Jahren nicht verschont von den strukturellen Veränderungen, die durch internationale Arbeitsteilung und vor allem die Öffnung des Ostblocks hervorgerufen wurden. Bereits Anfang der 1990er Jahre wurde die Produktion umorganisiert. Auch ein Geschäftsführerwechsel beschleunigte die Veränderungen. Der größte Teil der Maschinen wurde nach Rumänien gebracht, um dort neue Produktionsstätten aufzubauen. Einige Mitarbeiterinnen von Turf waren bereits dort mit dem Aufbau beschäftigt. In dieser Phase war Christel Schlüter in Recklinghausen als Musternäherin tätig. Auch ihr Arbeitsplatz sollte nach Rumänien verlagert werden. Ihre dort schon tätigen Kolleginnen hatten ihr von den dortigen schweren Arbeitsbedingungen und der katastrophalen Unterbringung berichtet. Christel Schlüter stellte sich die Frage, ob sie sich dieses in ihrer gesundheitlichen Situation – nach zwei Krebserkrankungen – noch zumuten sollte und entschied sich dagegen. Sie wählte 1994 die Frühverrentung.

Wie auch andere Zeitzeuginnen hat Christel Schlüter – trotz eines wenig positiven Endes ihrer dortigen Tätigkeit – sehr positiv über ihre Arbeitserfahrungen, das – in der meisten Zeit – angenehme Betriebsklima, die regelmäßigen Betriebsfeiern (auch über das Ende der Beschäftigung hinaus) und den Zusammenhalt unter den Kolleginnen berichtet.

Resümee
Es war eine tolle Zeit mit den von uns interviewten Frauen. Wir haben im Zusammenhang mit der Ausstellung15 und manchen Veranstaltungen die Chance gehabt, uns wiederzusehen und interessante Gespräche zu führen. Vieles in den Gesprächen mit Schnittmusterzeichnerinnen, Herrenwäschenäherinnen und Plätterinnen hat uns immer wieder berührt und beeindruckt. Hervorzuheben ist ihr Durchhaltewillen und ihre Zielstrebigkeit. Wir haben Frauen kennengelernt, die in der bisherigen Frauenforschung kaum einen Platz gefunden haben und die auch in der regionalen Geschichtsschreibung bisher nicht angemessen gewürdigt worden sind.

Je mehr wir uns mit ihnen beschäftigt haben, desto mehr wuchs unser Respekt vor ihnen, ihrer zupackenden Art, ihr Leben zu meistern, ihrer Lebensklugheit und Energie. Wir erhielten Einblick darin, wie sie mit den eher traditionell vorgegebenen Frauenbiografien umgingen und ihren Weg fanden. All dieses motivierte uns, ihre verborgene Geschichte zum Leben zu erwecken und für Andere sichtbar zu machen. Wir bedanken uns bei ihnen für diese Erfahrungen.

Dr. Karin Derichs-Kunstmann, Arbeitskreis Recklinghäuser Frauengeschichte

Der vom AK herausgegebene Katalog kann über die Website des AK – www.frauengeschichte-re.de – für 12 € (+ 2,50 € Versandkosten) bezogen werden.




  1. Picht, Georg (1964): Die deutsche Bildungskatastrophe. Analyse und Dokumentation, Freiburg i. Br. 1964.
  2. Die Arbeiten von Marianne Friese und Anne Schlüter stellen darin eine Ausnahme dar.
  3. Die Porträts aller 15 Frauen, sowie 5 Firmenporträts und mehrere Überblicksartikel finden sich in: Arbeitskreis Recklinghäuser Frauengeschichte (Hrsg.). Von Schnittmustern, Nähmaschinen und Plätteisen. Frauen in der Bekleidungsindustrie in Recklinghausen. Blätter zur Vestischen Frauengeschichte Bd. 4, Recklinghausen 2022.
  4. Küper, Magdalena 1954: Aus unserer Anlernabteilung. In: Povel-Betriebszeitung „Wir“, Nr. 3 März 1954, S. 21/22, zitiert in: Von Schnittmustern, Nähmaschinen und Plätteisen, S. 16 f.
  5. Ebda., S. 45.
  6. Im Zeugnis der IHK werden diese als ‚Fertigkeitsprüfung‘ und ‚Kenntnisprüfung‘ bezeichnet.
  7. Von Schnittmustern, Nähmaschinen und Plätteisen, S. 90.
  8. Von Schnittmustern, S. 93.
  9. Margarete Kijak: Recklinghäuser Erinnerungen. Retrospektive über die Jahre 1929–1948, unveröff. Manuskript.
  10. Zitiert in: Von Schnittmustern, S. 81 f.
  11. Von Schnittmustern, S. 86.
  12. „Wir. Hauszeitung der Paul Povel KG“, erschienen von 1952–1956 in fünf Ausgaben.
  13. Die 1957 erfolgte Reform dieses Paragraphen durch das ‘Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau’ änderte daran nicht viel. Frauen durften nur dann ausserhäuslich erwerbstätig sein, „soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar“ war.
  14. Von Schnittmustern, S. 45.
  15. 2022 war die Ausstellung „Von Schnittmustern, Nähmaschinen und Plätteisen. Frauen in der Bekleidungsindustrie in Recklinghausen“ im Institut für Stadtgeschichte in Recklinghausen und im Matthias-Claudius-Zentrum in Oer-Erkenschwick zu sehen.
Zitation: Derichs-Kunstmann, Karin, Arbeiterinnenleben im Ruhrgebiet in der Nachkriegszeit, Version 1.0, in: frauen/ruhr/geschichte, https://www.frauenruhrgeschichte.de/biografien/arbeiterinnenleben-im-ruhrgebiet-in-der-nachkriegszeit/

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